Das Landesgericht Innsbruck hat in einem Musterverfahren Notar Theodor S. zur Leistung von Schadenersatz an zwei Anleger verurteilt. Notar S. hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat in einem Berufungsurteil die Schadenersatzverpflichtung von Notar S. bestätigt.

 

Das OLG bestätigt, dass die Prüfberichte von Notar S. rechtlich als sogenannte zivilrechtliche Prospekte zu sehen sind und Notar S. aufgrund dessen haftet.

 

Der Notar hat in seiner Berufung im Wesentlichen vorgebracht, dass er die Prüfberichte über den Abgleich von Soll und Ist-Beständen lediglich für interne Zwecke der Goldprofessionell erstellt habe. Goldprofessionell wäre nicht berechtigt gewesen, seine Prüfberichte zu veröffentlichen. Dem hat auch das Oberlandesgericht in seinem Berufungsurteil eine deutliche Absage erteilt und hierzu ausgeführt: „Der Beklagte ist Rechtsanwalt und Notar, er ist daher in rechtlichen Angelegenheiten erfahren und weiß auch, welcher Bedeutungsgehalt derartigen Urkunden zukommt. Es mutet daher eigenartig, jedenfalls aber wenig überzeugend an, wenn der Beklagte angibt, er sei davon ausgegangen, diese Urkunden würden lediglich für interne Zwecke benötigt. Aus welchem Grund ein Unternehmen rein für den internen Gebrauch eine mit öffentlichem Glauben ausgestattete Person wie einen öffentlichen Notar damit beauftragen sollte, Bestätigungen auszustellen, deren Inhalt sich ohnedies aus den dem Unternehmen vorliegenden Urkunden ergibt, ist weder nachvollziehbar noch ersichtlich. [...]

Da nachvollziehbare Erklärungen zum Zweck dieser Prüfberichte nicht hervorgekommen sind, bleibt vielmehr als naheliegender und offensichtlicher Zweck für die Erstellung dieser Urkunden, dass diese Bestätigungen zur Werbung verwendet werden sollten, um insbesondere bei Anlageinteressenten den Anschein besonders sorgfältiger wirtschaftlicher Gebarung der GOLDprofessionell AG zu erwecken, indem auf laufende Kontrollen durch einen öffentlichen Notar verwiesen wird. Zusammengefasst ist auch das Berufungsgericht davon überzeugt, dass die vom Beklagten erstellten Prüfberichte der Anwerbung von Interessenten - und zwar unabhängig davon, für welches Produkt sie sich interessierten - dienen sollten und dass dies auch dem Beklagten bewusst war.

 

 

Im Endergebnis wird vom OLG die Verurteilung von Notar S. zum vollständigen Ersatz der Veranlagungssumme zuzüglich Zinsen sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten bestätigt.

 

Das Musterurteil hat keine unmittelbaren Wirkungen für weitere Geschädigte, weshalb jeder Geschädigte, der seinen Schaden von Notar S. ersetzt haben möchte, dies vor Eintritt der Verjährung mittels Klage geltend machen muss. Verjährung tritt drei Jahre nach Kenntnis von Schaden und Schädiger ein. Kenntnis über den Schadensfall ist wohl mit dem Zugang der Information über die Eröffnung des Schweizer Insolvenzverfahrens am 06.06.2016 beim jeweiligen Anleger anzunehmen.